Normag
Die Geschichte von Normag beginnt in Nordhausen am Harz. Hier wurde 1895 die Firma Schmidt, Kranz & Co. AG gegründet, die zunächst vorwiegend Bergbaumaschinen herstellte. 1934 versuchte man dann, nach Patenten von Franz Otto einen Ackerschlepper zu konstruieren. Das merkwürdige Fahrzeug bestand aus einem Frontantrieb mit Eisenreifen, kombiniert mit einer lenkbaren Hinterachse und hatte kein Schaltgetriebe. Der sogenannte „Rohöl-Ackerschlepper“ brachte zwischen 20 und 26 PS bei einer Motordrehzahl von 500 bis 700 U/min. Er wurde mit einem 1 Zylinder 2-Takt-Glühkopfmotor betrieben, ähnlich dem Modell, welches bereits bei LANZ Bulldog verbaut worden war. Allerdings war die Konstruktion bereits damals technisch und optisch veraltet, weswegen sich keine Käufer fanden und die Produktion eingestellt wurde.
Da der Schleppermarkt der 30er Jahre vielversprechend aussah, gründete man 1936 die Firma Nordhäuser Maschinenbau AG (NORMAG bzw. Normag). Diese sollte sich speziell mit dem Bau von Ackerschleppern beschäftigen. Zwei Jahre später kam mit dem „NG 22“ der erste Standardschlepper mit einem 22-PS-Dieselmotor auf den Markt. Der Vertrieb gestaltete sich vorteilhaft, sodass bereits Anfang 1939 der tausendste Normag vom Band lief. Noch im selben Jahr wurde mit der Produktion eines zweiten Schleppers mit ebenfalls 22 PS begonnen, der 1941 als „NG 10“ auf den Markt kam. Während beim „NG 22“ MWM den Dieselmotor lieferte, kam dieser beim „NG 10“ von der Firma Deutz.
Da während des Zweiten Weltkriegs der Flüssigtreibstoff knapp wurde, wurden die beiden Standardmodelle 1942 zugunsten des „NG 25“ mit Holzgasverbrennung aus dem Programm genommen. Die nahtlose Umstellung der Produktion war möglich, da Normag im Gegensatz zu den meisten anderen Herstellern, bereits im Vorfeld einen Schlepper entwickelt hatte, der einigermaßen übersichtlich und leicht zu handhaben war.
Nach dem Krieg lag Nordhausen in der sowjetischen Besatzungszone, was für das Unternehmen zum Problem wurde. Zum einen drohte die Demontage durch die Sowjets, zum anderen befand sich der größte Absatzmarkt vor 1939 vorzugsweise im Westen Deutschlands. Darum verließ die Firmenleitung rund um Betriebsleiter August von Scheven, baldmöglichst den Ort und zog mit den Konstruktionsunterlagen und einem Großteil der Mitarbeiter ins Zweigwerk nach Zorge im Südharz (Westdeutschland) um. Um sich vom früheren Standort abzugrenzen, wurde 1946 das Unternehmen Normag-Zorge GmbH gegründet. Noch im selben Jahr wurde die Herstellung des 24 PS starken „NG 23“ gestartet. Der Schlepper glich in vielen Teilen dem Vorkriegsmodell „NG 22“, war technisch voll ausgestattet, besaß allerdings keine Motorhaube. Beworben wurde das Modell deshalb mit den Worten „Worauf es ankommt“ und dem Hinweis auf die technischen Vorzüge und günstigen Unterhaltskosten.
Wie erwartet 1948 wurde die Zweigstelle am ehemaligen Standort Nordhausen verstaatlicht, wodurch die VEB IFA Schlepperwerk Nordhausen entstand. Hier wurden noch 25 Schlepper vom Typ „NG 25 D“ aus Restbeständen zusammengebaut und teils mit dem NORMAG-Schriftzug, größtenteils aber mit der Bezeichnung IFA ausgestattet. Die Schlepper bekamen Dieselmotoren von MWM (Motorenwerke Mannheim) oder Deutz (F2M414). Von diesen Traktoren gibt es heute noch etwa fünf Stück, wovon vier mit dem Deutzmotor versehen sind.
Inzwischen wurde klar, dass die Verkehrslage im Zonenrandgebiet nicht die beste war und man suchte nach einem neuen Standort. Betriebsleiter August von Scheven schlug seine Heimatstadt Sprockhövel im Ruhrgebiet vor. Schließlich gründete man auch im benachbarten Hattingen eine Zweigstelle, in der ab 1947 die Produktion begann. MWM hatte Lieferschwierigkeiten, weshalb noch im selben Jahr der eigene Motor BM24 entwickelt wurde, der im „NG 23“ das erste Mal zum Einsatz kam. Auch das Nachfolgemodell – der „NG 23 K“ - bekam den neuen Motor eingebaut und erhielt auch endlich wieder eine moderne Motorhaube sowie das NZ-Emblem, welches für die folgenden Modelle typisch sein sollte.
1949 kam der „NG 15 L“ auf den Markt und ein Jahr später der „NG 35“. 1952 kamen der „C 10“ und der „NG 45“ dazu. Damit konnte ein komplettes Schlepperprogramm zwischen 10 und 45 PS angeboten werden. In der Folge wurden die Motoren und Antriebseinheiten technisch verbessert. Auch für eine einheitliche Optik der Motorhauben wurde gesorgt. Mit der Einführung der neuen Verkaufsbezeichnung sorgte man allerdings eher für Durcheinander. Vermarktet wurden die Traktoren nun unter den Namen Faktor I, II oder III, auf den Typenschildern stand aber noch die alte Bezeichnungsform mit „NG xx“ oder eine Bezeichnung mit den Buchstaben C, F oder K, deren Bedeutung heute nicht mehr bekannt ist. 1954 wurde das Traktorenprogramm durch die Typen „Kornett I“ und „Kornett II“ weiter abgerundet.
Ab 1954 wurden die neuen luftgekühlten 1-Zylinder-2-Takt-Motoren eingesetzt. Trotzdem sanken die Verkaufszahlen und 1955 übernahm die Firma Orenstein & Koppel (O&K) die Produktionsstätte in Hattingen, wodurch eine bessere Auslastung erreicht werden sollte. Ein Jahr später stellte man noch ein technisch und optisch überarbeitetes, komplettes Schlepperprogramm mit ILO Zweitaktmotoren vor. Dazu zählten die Typen „N 12“, „K 15a“, „K 18a“, „F 22“, „F 30“, „NG 35 M“ und „NG 45 L“. Doch auch als 1957 mit dem „K 13a“ und „K 16b“ zwei weitere Typen hinzukamen, konnte der Rückgang der Absatzzahlen nicht mehr aufgehalten werden. Letztlich musste die Produktion zum Jahresende eingestellt werden. Ab dem 1. Januar 1958 versah dann die Porsche-Diesel GmbH die Ersatzteilversorgung der übrigen Normag-Schlepper in Deutschland.
In Luxemburg blieb der Name Normag noch länger erhalten. Hier produzierte die Firma Edouard Hentges bis 1960 noch zwei Typen in kleinen Serien und vertrieb sie unter der Bezeichnung Lux-Trac und Normag-Hentges.